Kampagne NUR JA HEISST JA
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Was ist Consent?

Consent ist aus dem Englischen (to consent = zustimmen, über­ein­stimmen) übernommen und stammt ursprünglich vom latei­nischen Wort consensus ab, was wechsel­seitiges Einver­ständnis oder Zustim­mung bedeutet.
Unser Slogan "Nur Ja heißt Ja" beschreibt schon den Kern von Consent: Die Zustimmung, das Ja, muss vorhanden sein, damit etwas einvernehmlich ist.

Im "Nein heißt Nein"-Modell herrscht die Überzeugung, dass alles, wozu keine Ablehnung ausgedrückt wird, in Ordnung ist. Die Verantwortung, das "Nein" zu äußern, liegt also bei der Person, deren Grenzen gerade potenziell überschritten werden könnten. Die Idee von Consent bzw. "Ja heißt Ja" nimmt alle in die Pflicht: Hier sind alle Beteiligten, vor allem aber die Person, die eine Handlung nach vorne treibt, in der Verantwortung. Alle überprüfen, ob alle Beteiligten Lust auf eine bestimmte Handlung haben, erst dann kann ich weitermachen.

In anderen Bereichen ist Consent ganz selbstverständlich: Möchte Tom in Annas Wohnung, muss er sich ja auch vorher bei ihr erkundigen und nur, wenn sie ihn einlädt, kann er die Wohnung betreten. Anna muss in dieser Situation nicht deutlich machen, dass sie es nicht gut findet, sondern Tom muss vorher den Consent einholen und kann nicht einfach einbrechen, weil Anna ja nicht "Stop" gerufen hat. Dass wir in einem so sensiblen Bereich von Berührung und Sexualität also noch keine Consent-Kultur haben, ist ein großes Problem. Denn es gibt ganz viele Gründe, warum ein "Nein" in manchen Situationen schwierig ist: Aus der Traumaforschung ist bekannt, dass Erstarrung eine typische Reaktion auf erlebte Grenzüberschreitung ist. Dann ist es gar nicht möglich, aktiv zu äußern, dass das Erlebte gerade nicht in Ordnung ist. Auch Hierarchie- und Machtverhältnisse können ein "Nein" erschweren oder unmöglich machen. Und vor allem ist es eine Verschiebung der Verantwortung, die wir auch aus der Täter-Opfer¹-Umkehr bzw. victim blaming kennen.

Daher fordern wir ein Umdenken: Nur Ja heißt Ja! Ohne dein Ja geht nichts. Denn alles andere ist Gewalt.

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1 Der Begriff "Opfer" wird von einigen Personen abgelehnt, da er Passivität und negative Konnotation der "Opferrolle" suggeriert. Jede Person darf für sich entscheiden, ob sie sich als Opfer/Betroffene/Überlebende versteht oder einen anderen Begriff nutzen möchte. An dieser Stelle verwenden wir den Begriff trotzdem, da der Mechanismus im deutschsprachigen Raum unter der Bezeichnung bekannt ist.

Consent ist freiwillig.

Deswegen kann Zustimmung nur ohne Druck oder Zwang gegeben werden. Consent setzt voraus, dass ich mich in der Situation so wohl fühle, dass ich frei aussprechen kann, was ich (nicht) will. Daher sagen wir an dieser Stelle deutlich: Situationen, die Druck oder Zwang beinhalten, können nicht einvernehmlich sein! Das heißt: Wenn eine Hierarchie vorhanden ist, wenn eine Person Angst vor Konsequenzen haben muss, wenn explizit oder implizit negative Folgen bei einem "Nein" entstehen können – dann liegt kein Consent vor. Die Zustimmung kann nur freiwillig erfolgen – wo kein freier Wille möglich ist, ist kein Consent möglich.

Beispiel: Wenn ein Vorgesetzter am Arbeitsplatz zu nah kommt und ich aus Sorge vor Benachteiligung seine Annäherungsversuche dulde, liegt KEIN Consent vor! Stattdessen nutzt der Vorgesetzte seine Machtposition aus.

Consent gilt für den Moment.

Denn Consent wird nicht einmalig gegeben und gilt ab dann für immer! Sexuelle Lust ist nicht jeden Tag gleich, die persönlichen Grenzen und Präferenzen können sich jeden Tag unterscheiden. Was dir heute gefällt, kann morgen ganz anders sein. Und nur weil du gestern Lust auf etwas hattest, bist du jetzt zu nichts verpflichtet. Consent ist kein einmaliger Zustand, sondern ein fließender Prozess, der sich jederzeit ändern kann.

Beispiel: Anna und Tim haben sich über eine Online-Plattform kennengelernt und hatten in der Vergangenheit bereits ein unverbindliches Treffen, bei dem sie Sex hatten. Weder Tim noch Anna können bei ihrem erneuten Treffen davon ausgehen, dass die andere Person heute ebenfalls Lust auf Sex hat. Daher ist es wichtig, vorher nochmal nachzufragen.

Consent kann jederzeit zurückgezogen werden.

Es ist völlig ok, Lust auf Flirten zu haben, die andere Person zu küssen, soweit zu gehen, wie du magst. Du schuldest der Person nie den nächsten Schritt und kannst jederzeit signalisieren, dass du nicht weiter gehen möchtest. Es ist auch völlig ok, wenn du währenddessen merkst, dass du doch keine Lust hast. Auch während dem Sex kannst du jederzeit unterbrechen, wenn es sich doch nicht gut anfühlt. Du bist nicht verantwortlich für die Befriedigung der anderen Person, wenn es sich für dich gerade nicht gut anfühlt.

Beispiel: Nina und Maria lernen sich auf einer Party kennen und kommen miteinander ins Gespräch. Sie sind sich sympathisch und unterhalten sich lange. Nina fühlt sich körperlich zu Maria hingezogen, rückt näher an sie ran und probiert sie zu küssen. Maria hat in diesem Moment aber nicht das Bedürfnis nach einem Kuss. Auch wenn jemand den Eindruck hat, dass die andere Person an Flirten, Küssen oder Sex interessiert ist, ist es auch hier wichtig, vor jedem weiteren Schritt nachzufragen.

Consent ist informiert.

Nur wenn ich weiß, worum es gerade geht, kann ich meine Zustimmung dazu geben. Daher ist Consent nur informiert möglich. Wenn ich nicht verstehe, was gerade passiert, kann ich keine Zustimmung geben, denn das "Ja" hängt unmittelbar am "Wozu".

Eigentlich klar: Alle Personen müssen für informierten Consent auch in der Lage sein, die Situation zu erfassen. Wenn jemand schläft, kann diese Person keine Zustimmung geben. Wenn jemand unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht und die Situation nicht erfassen kann, kann diese Person keine Zustimmung geben.

Beispiel: Nico und Ertan sind seit zwei Jahren in einer romantischen Beziehung. Nico wacht morgens auf und spürt, dass er Lust darauf hat, mit Ertan zu schlafen. Er beginnt ihn zu streicheln in der Hoffnung, dass Ertan aufwacht und auch Lust auf Sex mit ihm hat. Ertan kann in diesem Zustand keinen Consent für die Berührungen geben. Darum ist es auch hier wichtig, zu fragen. Und zwar nur, wenn die Person in einem Zustand ist, in dem sie die Situation erfassen und eine klare Entscheidung treffen kann.

Consent ist enthusiastisch.

Consent kann nicht durch Überreden eingeholt werden. Oft wird von "engagierter Zustimmung" oder "lustvollem Ja" gesprochen – das beschreibt den enthusiastischen Kontext, in dem Consent ausgesprochen wird. Enthusiastischer Consent ist kein "Na gut", sondern ein "Ja, ich will wirklich!" Diese Zustimmung ist nicht verhandelbar. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Beteiligten in dem Moment Lust auf das haben, was passiert und wirklich mitmachen wollen.

Beispiel: Stephanie und Bernd liegen nach einem anstrengenden Arbeitstag auf dem Sofa. Bernd mag es, wenn Stephanie ihm den Rücken massiert. Er findet es entspannend und bekommt währenddessen häufig Lust, mit ihr zu schlafen. Stephanie ist erschöpft und lehnt den Vorschlag ab, als Bernd sie um eine Massage bittet. Bernd fragt jetzt immer wieder nach, bis Stephanie frustriert "Ok, ich mach's!" antwortet. Es ist wichtig, nicht weiter zu bohren, wenn wir keine enthusiastische Zustimmung bekommen. Und uns bewusst zu machen, dass zu echter Zustimmung immer Begeisterung und Enthusiasmus gehören.

Consent ist eindeutig.

Bei Consent geht es darum, eine eindeutige Zustimmung abzuholen, statt eigenen Annahmen zu folgen. Vielleicht habe ich das Gefühl, dass eine andere Person den nächsten Schritt gehen möchte, aber ich kann es nicht wissen. Deshalb ist es wichtig, Consent einzuholen. Dabei ist es wichtig, möglichst genau zu sein – also konkret zu benennen, worum es geht. Bei Consent geht es nicht um Raten oder Gedankenlesen, sondern um Klarheit. Diese Klarheit kann nicht auf anderes übertragen werden – wenn ich Lust auf X habe, heißt das nicht automatisch, dass ich auch Y mag. Durch eindeutigen Consent ist es möglich, aktiv herauszufinden, was sich für eine Person am schönsten anfühlst, worauf sie gerade Lust hat und auch aktiv mitzuteilen, was du möchtest.

Beispiel: Wenn Klara ihre Freundin Pia fragt, ob sie ins Bett gehen wollen, ist das kein expliziter Consent. Vielleicht versteht Pia darunter "Ich bin müde und möchte schlafen", vielleicht aber auch "Ich habe Lust auf mehr". Daher ist eindeutiger Consent wichtig.

Consent ist sexy.

Vielleicht fühlt es sich zu Beginn noch ungewohnt an, offen über die eigenen Präferenzen zu sprechen und zu sagen, was ich (nicht) möchte. Dadurch kann Intimität und Vorfreude steigen. Viele berichten, dass sie durch das Sprechen über eigene Vorlieben und Grenzen auch sich selbst nochmal besser kennengelernt haben. Noch mehr darüber zu wissen, was sich gut anfühlt und das auch auszusprechen kann den Sex schöner für alle machen. Wenn ich aktiv Consent einhole, bevor ich den nächsten Schritt gehe, weiß ich, dass die Person nicht nur mitmacht, sondern wirklich Lust darauf hat. Consent macht Sex für alle Beteiligten schöner – was gibt es also Besseres?

Beispiel: Kim und Sophie liegen auf dem Sofa und kuscheln. Bevor sie einen Schritt weitergehen, stoppt Kim kurz und fragt: "Hast du Lust?" Sophie antwortet "Und wie!" und Kim kann sich nun sicher sein, dass beide große Lust auf den nächsten Schritt haben und diesen genießen.

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